Das Spannen des Bogens unter verschiedenen Längenverhältnissen des Körpers

Es soll untersucht werden, wie sich unterschiedliche Hebelverhältnisse, gegeben durch unterschiedliche körperliche Geometrie (Anthropometrie) auf des Spannen des Bogens auswirken.

Besonderer Augenmerk liegt dabei auf dem Endzug, zu welcher Vergrößerung des Spannweges gehört welche Drehung des Zugoberarmes und damit welche Bewegung des Zugellbogens. In der Biomechanik sind solche Untersuchungen deutlich ungenauer als in der "normalen" Mechanik, bei der Drehpunkte konstant sind oder sich auf exakt definierten Wegen befinden. In der Biomechanik sind diese Punkte "verschmiert," also von ihrer zeitlichen Lage her nicht eindeutig definiert. Zur Untersuchung von Auswirkungen ist es aber legitim, die Punkte mal festzuhalten und so das Problem zu vereinfachen.

Hier die Grundskizze, auf die die Untersuchung aufbaut, Bild1:

im Wesentlichen geht es um die Frage, wieweit sich der Zugellbogen auf seiner Kreisbahn um das Zugarmschultergelenk bewegen muß, um am Anschlag eine bestimmte Vergrößerung des Auszuges zu erreichen. Also welche Bewegung ist notwendig, um beispielsweise 2-10mm am Anschlag zurückzulegen?

Beschreibung des Modells

Die Berechnung ist relativ einfach, es ist nichts anderes als die Seiten- und Winkelberechnung eines schiefen Dreieckes mit Hilfe des Cosinussatzes. Da die Variationen der Längen und Abstände aber zur Unübersichtlichkeit führen, werden hier einzelne Punkte herausgegriffen und in einer Tabelle zusammengefasst. selbstverständlich kann jede beliebige Anordnung (soweit sie der Eingangsskizze entspricht) untersucht werden. Die betrachtete Auszugsänderung wird konstant gehalten (5mm)

Ist es wirklich in jedem Fall die optimierte Haltung, wenn zum Zeitpunkt, bevor der Klicker fällt, der Zugunterarm in der Linie mit dem Zugkraftvektor des Bogens steht?

Hier ist das erste Modell, dass genau diesen Fall beschreibt, Bild 2:

Es beschreibt den "Ideal"fall, der Zugunteram steht in der Richtung des Kraftvektors.

Ist der senkrechte Abstand des Anschlages 8,5cm von der Schulterlinie entfernt, muß sich der Ellbogen um 2,6cm auf seiner Kreisbahn bewegen, damit sich der Auszugsweg um 5mm verändert. Die Länge des Unterarmes spielt dabei keine Rolle, soweit die Situation noch der Skizze entspricht.

Verkleinert sich der Abstand des Anschlages von der Schulterlinie, werden die Wege des Ellbogens weit stärker wachsen als erwartet. Bei einem Abstand von 6,5cm, wird der Spannweg, den der Zugellbogen zurücklegen muß auf 4cm steigen.

Eine kurze Energiebetrachtung:
Bei einer Endhaltekraft von 200N muß der Schütze für die 5mm Zugweg 1J aufbringen. Die korrespondierende Kraft am Zugellbogen wäre dann 0,2N (Abstand 8,5cm), bei einem Abstand von 6,6cm nur noch 0,13N.

Ich denke, die Frage läßt sich nicht eindeutig klären, ob alleine mit dieser Maßnahme eine wirkliche Optimierung erfolgt. Prinzipiell sinkt zwar die Drehkraft, die den Oberarm bewegt, aber der Auszugsweg ändert sich im Extremfall überhaupt nicht. Es kann bei sehr schmal gebauten Schützen (kleiner Abstand des Anschlages von der Schulterlinie) der Fall eintreten, dass nicht mehr eindeutig durch das Spannen der Rückenmuskulatur der Auszug vergrößert werden kann.

Der Zugunterarm steht im Endzug nicht in Richtung des Kraftvektors

Skizze des zweiten Modells, Bild 3

Hier muß der Anschlagpunkt in Bezug auf den Drehpunkt Zugarmschultergelenk definiert sein. Der Zugunterarm soll ca 10%länger als der Oberarm sein.

   Abstand Schultergelenk-Anschlag Senkrecht [cm] Abstand Schultergelenk-Anschlag waagerecht [cm] Auszugsänderung [mm] Zugoberarm [cm] Zugunteram [cm] Ellbogenweg [cm]
1 6,6 - 5 36 - 4
2 7,5 - 5 36 - 3
3 8,5 - 5 36 - 2,6
             
4 8 12 5 36 40 0,5
5 7 12 5 36 40 0,6
6 7 10 5 36 40 0,6

Die vier Einflußgrößen geben natürlich eine ziemlich große Zahl an Variationen her. Die Fälle 1-3 beschreiben Beispiele des "idealen" Auszuges nach Bild 1, 4-6 die eines "normalen" Auszuges. Es ist klar ersichtlich, dass bei den idealen Verhältnissen eine große Bewegung des Zugellbogens notwendig ist, um den "Klickerzug" von 5mm durchzuführen. Bei den "normalen" Verhältnissen ist der Weg deutlich kürzer, allerdings wird selbstverständlich die korrespondierende Kraft am Hebel des Zugoberarmes steigen.

Es stellt sich die Frage, ob bei schlanken Personen mit flachem Brustkorb, schmalen Gesicht es vernünftig ist, den Anschlag so zu wählen, dass der Zugunterarm im Endanschlag in Richtung des Zugvektors zeigt. Da wird der Abstand Schulterlinie-Anschlag klein sein, und es wird möglich sein, dass der Schütze, selbst wenn er richtig auf der Zugschulterseite weiterspannt, nicht mehr durch den Klicker kommt. Das wird auf jeden Fall eintreten, wenn er nicht gleichzeitig auch mit den Rückenmuskeln der Bogenschulterseite spannt, z.B. weil er den Bogenarm genau in Richtung der Schulterlinie blockiert hält.

Es wird auch eintreten, wenn der Bogenarm zusätzlich in die Schulterlinie gebracht wird, und zusätzlich blockiert (verriegelt) wird. Durch die -falschen- Bilder des sog. "Kraftdreieckes" bei Haidn und Günter Kuhr wird diese Stellung ja favorisiert.
Weshalb eigentlich? Weil ein Spitzenschütze es so macht? Wer heilt hat Recht???

Das Urheberrecht an diesem Artikel liegt, wie alles auf meiner Website bei mir. Die Verwendung dieses Artikels zur Weiterbildung im Verein ist ohne Anfertigung von Kopien gestattet.

Zurück zur Website