Tja, wenn man sich so mal umguckt, da kriegt man keine Hinweise um wieviel man das Visier bein Bergauf-Bergabschüssen verstellen muß.
Die Visierverstellung bleibt in einem ziemlich gleich: Das Visier wird immer nach oben verstellt. Die durchgängige Meinung,
dass es egal ist, ob man Bergauf oder Bergab schießt wird hier genauer untersucht.
Mich hat das Thema nicht interessiert, Feldbogenschießen ist in meinen Augen sehr aufwendig und sehr schwierig...
Wenn man treffen will. Bräsige Bemerkungen von Dilettanten haben mich gereizt, da
mal nachzugucken. So bewirken Dummerjans auch was Gutes:
Sie reizen zum Nachdenken...
Zuerst die Bedingungen, mit denen ich gerechnet habe. Ich habe mit zwei Geschwindigkeiten und einer mittleren Entfernung,
die beim Feldbogenschießen auftritt gerechnet. Als erstes das Beispiel für einen Geländewinkel von 15°.
Bedingungen:
Gerechnet wurden zwei Pfeilgeschwindigkeiten mit meinem Modell
Anfangsgeschwindigkeit v0:60m/s
Auf der waagerechten Ebene wird ein Abgangswinkel von 3,2° benötigt.
Der benötigte Abgangswinkel für das Geländeziel beträgt 17,7°.
Gegenüber dem Geländewinkel von 15° ist das eine Differenz von 2,7°.
Der Visierwinkel muß also von 3,2° auf 2,7° geändert werden, das sind 0,5° und die entsprechen einer Visierkorrektur um ca 9mm.
Anfangsgeschwindigkeit v0:85m/s
Auf der waagerechten Ebene wird ein Abgangswinkel von 1,6° benötigt.
Der benötigte Abgangswinkel für das Geländeziel beträgt 16,05°.
Gegenüber dem Geländewinkel von 15° ist das eine Differenz von 1,05°.
Der Visierwinkel muß also von 1,6° auf 1,05° geändert werden, das sind 0,55° und die entsprechen einer Visierkorrektur um ca 10mm.
Bei der weiteren Untersuchung stellte es sich heraus, dass es für den Geschwindigkeitsbereich zwischen 60 und 85m/s keinen wesentlichen Unterschied in diesem Fall, also Bergauf/Bergab, gibt. Das gilt aber nur bis zu einem Geländewinkel von 15°. Ab dann steigt der Unterschied bei einer Pfeilgeschwindigkeit von 85m/s rapide an, und erreicht bei 20° fast den doppelten Wert. Der schnellere Pfeil benötigt also bei Bergauf/abschüssen ab 15° eine deutlich höhere Visierkorrektur als der langsamerere.
Bild 1
Es ergeben sich deutliche Verschiebungen, und daran sieht man, wie schwierig das Feldbogenschießen ist. Die Visierverstellung im Diagramm gibt an, um wieviel Millimeter das Visier nach oben verstellt werden muß, wenn das Ziel gegenüber der Waagerechten um den Winkel auf der Abzisse höher oder tiefer steht. Und da sieht man, dass bereits 3° ausreichen, dass das Visier um 2mm verstellt werden muß. Interessanterweise wird dieses Problem durch einen langen Visiervorstand noch verschärft.
Ich habe diese Untersuchung dann ein wenig ausgeweitet und die Ergebnisse in zwei Diagrammen "Bergauf" "und Bergab" zusammengefaßt.
Es sammelt sich da eine ziemlich große Anzahl von Daten an und damit steigt die Möglichkeit der Fehlerquelle für systematische Fehler.
Der Zusammenhang zwischen Pfeilgeschwindigkeit und Änderung des Visierwinkels ist bei mir eine quadratische Fit-Funktion.
Mir kommt dieser Zusammenhang plausibler vor als ein linearer, die quadratische Funktion "trifft" die Einzelwerte "besser",
aber auch eine lineare Funktion hätte keine wesentlich anderen Ergebnisse gebracht. Aber sicherlich ist das ein Diskussionspunkt.
Mit "Winkeländerungen" ist die Änderung des Elevationswinkels bezogen auf den Schuß auf die waagerechte Ebene auf 40m gemeint.
Wenn bei einem Visierkornabstand von 1m vom Auge bei der Abweichung von 1° eine Höhenverstellung von 17mm notwendig ist,
kann man sich die entsprechenden Visierverstellungen selber ausrechnen.
Hier das "Bergauf"-Diagramm
Bild 2
Und hier das "Bergab" Diagramm.
Bild 3
Es zeigt sich, dass es nicht stimmt, dass für Bergauf und Bergab Schüsse bei gleicher Größe des Geländewinkels gleiche
Visierverstellungen gegenüber dem Schuss auf der waagerechten Ebene genommen werden können. Schon diese Diagramme, nur für 40m (Sie dürften sich erheblich
ändern, wenn größere Schußentfernungen genommen werden) zeigen die Schwierigkeiten. Daumenregeln werden nur in eng begrenzten Rahmen verwendet werden können.
In dem Zusammenhang noch eine Bemerkung:
Aussagen über Bergauf/Bergabschießen werden fragwürdig, wenn man ohne Luftwiderstand rechnet. Ich habe hier mal ein
Beispiel herausgesucht:
v0 : 60m/s
Geländewinkel : 20°
Der Unterschied zwischen dem Treffpunkt bei cw : 5,3 und der Vakuumparabel macht eine Visierverstellung um 3,5mm (Visierlänge 1m), bzw eine
Treffpunktverlagerung um 20cm aus.
Da man keine Probeschüsse hat, halte ich diesen Unterschied schon für erwähnenswert und wichtig, zumindest zu wissen woher diese
zusätzliche Fehlerquelle kommt.
Die Diagramme Bild 2 und Bild 3 sind verwirrend.
Ich habe hier die Einzeldiagramme zusammengefasst, und denke, dass dieses Bild für die praktische Anwendung sich besser eignet. Natürlich
bezieht auch sie sich auf die Schußentfernung 40m:
Bild 4
Der Rest ist Erfahrung, genaue Kenntnis seines Waffensystems und Glück. Ein befreundeter Bogenschütze schrieb mir:
"Field archery is a thinking man's sport."
Dem ist nichts weiter hinzuzufügen. Über Kritik würde ich mich freuen
Eine kleine Spielerei mit der Parallaxe wäre doch noch zuzufügen...
Die Ziellinie steht ja über der Pfeillinie. Nu überlegen wir mal, was passiert,
wenn der Schütze mit meinem Standardpfeil (m=0.02kg, v=60m/s usw.) der einen Abstand Auge-Anschlag von 14cm und seine Ziellinie
genau waagerecht, also das Ziel exaktemente in Augenhöhe hat, auf 10m genau das Ziel treffen will.
Er muß dem Pfeil einen Abschusswinkel von 1,6° geben,
das heißt die Höhe des Visierkornes über der Pfeilmitte wird 14-2,784cm, also 11,056cm sein. Zur Erinnerung:
bei einer Visierlänge Auge-Visierkorn von 1m.
Geht er unter den Bedingungen auf 15m, wird er das Visier auf 12,086, also rund 1cm höher stellen müssen, obwohl die Entfernung größer wurde.
Bei 20m wird die Visierhöhe 10.64cm sein. Da ist die Welt wieder einigermaßen in Ordnung, weil die Flugbahn des Pfeiles die Visierlinie nicht mehr schneidet.
Die wunderbare Welt der Außenballistik...
Lustiges Thema, nicht? OK, dann schauen wir mal nach den Bedingungen:
Der Schütze stellt sein Visier auf 18m und zwar den mittleren Spot ein. Es gelten wieder die Standardbedingungen
Die Spots liegen 22cm auseinander, da lohnt es sich, mal genauer nach der Visierstellung nachzuschauen. Wird die Visierstellung nach dem
mittleren Spot ausgerichtet, ergibt sich nach oben und nach unten eine Visierverstellung von
0,5mm (Auge-Visierkorn 1m Abstand). Das entspricht auf der Scheibe einer halben Ringbreite. Das könnte beim Compound
interessant sein, beim Recurve ist es einer Erwähnung eigentlich nicht wert.
Es taugt auch nicht als Ausrede, wenn man oben oder unten nicht trifft. Physiologisch ist es eine Änderung des "T" um 0,7° und das ist schon
beachtenswert. Geübte Sportler im technischen Disziplinen, z.B. Hochsprung, Turnen nehmen solche Änderungen sehr wohl wahr.
Das sollten geübte Sportschützen auch schaffen... Aber:
Wird diese Änderung mit dem Bogenarm durchgeführt, ist es auch nicht schlimm, die Änderung der Klickerlänge wäre im
Zentelmillimeterbereich.
Also das Problem(chen) "Bergauf/Bergab" in der Halle kann man ziemlich entspannt sehen.
Das Urheberrecht an diesem Artikel liegt, wie alles auf meiner Website bei mir. Die Verwendung dieses Artikels zur Weiterbildung im Verein ist ohne Anfertigung von Kopien gestattet.