Stabilisation und Entkopplung von Massen durch Gummielemente

Da wünscht sich ein user, dass die hier gezeigten Zusammenhänge auf sein Bogen-Pfeilsystem angewendet werden, weil er sich wohl erhofft, dass es so unangenehm wie von mir nachgewiesen doch nicht sein könnte. Er bemängelt auch, dass ja schließlich in meinem Symbolbild auch ein Extender eingezeichnet ist. Es ist schon ziemlich lange her, als ich dieses Bild gezeichnet habe, da waren Extender halt Mode. Aber das nur nebenbei... Es ist vollkommen hupe wo Massen angebracht werden, es zählt zur Stabilisation alleine

wenn man die Innenballistik betrachtet.
Wie sich der Schütze fühlt, welche kunstvollen Bewegungen sein Bogen lange nach dem Schuß ausführt, ist mir schnurzpiepganzegal. Das spielt für die Lage des Treffers keine Rolle.

Für die untenstehende Tabelle wurden für den betrachteten Bogen die gleichen Daten (bezogen auf die Trägheitsmomente des Mittelteiles wie der Wurfarme) wie in meinem o.a. Artikel verwendet. Innenballistisch relevante Daten des Bogens zähle ich mal auf, um zu zeigen dass es keine ganz so trivialen Überlegungen sind:

Hier ist ja die Auswirkung der Massenentkopplung bei einem auftretenden Haltungsfehler, beispielsweise eine Verlagerung des Druckpunktes um 2cm dargestellt. Dazu muß zuerst festgestellt werden, wie dreht sich das System ohne Fehler. Das sind die Tabellenzeilen, bei denen in der letzten Spalte bei "Ablage 70m" ein Strich erscheint. Sie bilden sozusagen die Referenz für die Größe des Fehlers, wenn der Haltungsfehler auftritt und die Spitzenmasse entkoppelt ist.

Es ist schon eine interessante Betrachtung, aber anders, als es sich der User vorgestellt hat. Die Auswirkung des Fehlers wird nicht signifikant kleiner, wenn sich die Kopfmasse halbiert. Daraus könnte man ableiten, dass bei langen Stabis die Entkopplung der Spitzenmasse durch Gummielemente noch schädlicher wirkt als bei kurzen.
Und nein, diese Vermutung von mir werde ich nicht mehr näher untersuchen.

Stabilänge Stabimasse Kopfmasse Druckpunktversatz Winkeldrehung Elev Winkeldrehung Elev Kopfmasse entkoppelt Winkeldrehung Elev Winkeldrehung Elev Kopfmasse entkoppelt Winkelfehler durch Entkoppelung Ablage auf 70m
m kg kg cm rad rad Grad Grad Grad cm
0,7 0,08 0,1 0 0,0027 0,0043 0,1553 0,2443 - -
0,7 0,08 0,1 2 0,0039 0,0062 0,2243 0,3528 0,1285 15
0,9 0,1 0,05 0 0,0027 0,0038 0,1530 0,2176 - -
0,9 0,1 0,05 2 0,0039 0,0055 0,2211 0,3144 0,0933 11

Hier noch zur Illustration zwei Bilder. Das erste zeigt die Pfeilbeschleunigung im Bogen. Diese Funktion ist die Grundlage der Berechnung der Winkelbeschleunigung und in Verbindung mit der Schußzeit, die sich aus dem gleichen Ansatz ergibt, der Winkelablage. Der Abgangswinkel des Pfeiles ist nicht identisch mit dem Visierwinkel. Übrigens bei keiner Waffe...


Bild 1

Die Änderung des Druckpunktes um 2cm war die Grundlage mit der das Monostabi-Kopfmassensystem gerechnet wurde. Weiter wurde für die grafische Darstellung eine vereinfachte Methode der Berechnung der Ablage auf 70m angewendet. Die Ablage wurde nicht außenballistisch gerechnet (wie in der Tabelle) sondern linear aus den sehr kleinen Winkeländerungen direkt übernommen. Das geht mit genügender Genauigkeit bei diesen kleinen Winkeln, die weit unter 1° liegen. Das Ergebnis ist in der folgenden Grafik zusammengefasst. Diese Rechnung ist natürlich auch für Seitenstabis für Extendermassen, für das Visier machbar, nur werden sich keine neuen Erkenntnisse daraus ableiten lassen. Eines ist auf jeden Fall klar:
Eine Entkopplung der Kopfmasse oder -noch schlimmer- des gesamten Stabisystems durch Gummielemente bewirkt, dass diese positive und daher sehr wichtige Eigenschaft des Stabisystems, Haltungsfehler in ihrer Auswirkung zu minimieren, aufgehoben wird. In der Grafik sieht man das deutlich, wenn man die Größe der Kopfmasse gegen Null gehen läßt.


Bild 2

Klar zu erkennen ist auch, dass die negative Wirkung von Dämpfungselementen, die die Kopfmasse abkoppeln mit steigender Stabilänge ansteigt. Das geht sehr anschaulich aus dem letzten Diagramm hervor.

Stabilisation von Blankbogen

Beim Blankbogen ist es wegen festgelegter Regeln nicht möglich, Massen weit außer des Mittelteiles anzuordnen. Die einzige Möglichkeit besteht, am Mittelteil Massen so anzuordnen, dass innerhalb der Regeln das Mittelteil selber seinen größtmöglichen Anteil an der Stabilisation leistet. Das geht, indem man schwere Massen in der Nähe der Wurfarmaufnahmen anordnet. Der schwerwiegende Nachteil ist eben der, dass nur eine Verbesserung der Stabilisation um die Querachse möglich ist. Beim Recurve übernimmt der Monostabi den weitaus größten Teil der Stabilisation um die Hochachse.
Ich habe ein Konzept untersucht, bei dem Elemente aus Schwermetall, zwei Rundbolzen mit einem Durchmesser von 10-19mm und einer Länge von 100m an den Enden des Mittelstückes eingebaut werden. Die unter diesen Prämissen realisierbaren Massen liegen im Bereich zwischen 130 -500g.Sie werden so angeordnet, dass ihre Schwerpunkte 250 mm vom Druckpunkt im Griff angeordnet sind. Diese Abmessungen kommen mehr oder weniger aus der Skizze, die auch für die Untersuchung der Stabilisation beim Recurve verwendet wurde. So lassen sich die Auswirkungen direkt vergleichen. Die Innenballistischen Daten wurden direkt aus den vorhergehenden Artikeln übernommen.

Hier ist die Skizze des Mittelteiles:


Bild 1

Da eine Variation der Stabilisatorlänge nicht mehr notwendig war, sondern nur eine der Zusatzmasse vereinfachte sich die Rechnung und auch die Darstellung.

Hier ist die Verringerung der Ablage des Schusses auf 40m dargestellt, wenn ein Haltungsfehler (Veränderung der Druckpunktlage in der Höhe um 2cm) eintritt. Wie zu erwarten, sind die erreichbaren Verbesserungen nicht so deutlich wie beim Recurve. Immerhin kann die Ablage, wenn der bezeichnete Haltungsfehler auftritt, von 12cm auf 4cm reduziert werden.


Bild 2

Alle Artikel, die von mir zu diesem Thema geschrieben wurden, basieren auf den gleichen innenballistischen Voraussetzungen. Im dem jetzt gegebenen, direkten und umfassenden Vergleich wird klar, dass die Verwendung jeder Art von Dämpfungselementen bei einer sehr wichtigen Aufgabe, die Auswirkung von Haltungsfehlern zu minimieren, sehr schädlich ist. Es ist wohl auch ein Grund, weshalb Easton bei seinem System "Easton-Contour" Dämpfungselemente nicht mehr verwendet.

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