Die kinetische Kette

in den Ausgaben Nr. 3 und 4 Bogensportmagazin 2018 sind zwei Artikel über die kinetische Kette beim Bogenschießen veröffentlicht. Ich habe den zweiten abgewartet, um beide Artikel zusammen zu bearbeiten. Dann habe ich einen sehr schönen Blog von Mark Maslow gefunden, der diesen Ausdruck im sportphysikalichem Bereich m.M.n. gut erklärt. Hier seine Definition:

Eine KINETISCHE KETTE ist also “eine Kombination verschiedener miteinander verbundener Gelenke, die eine komplexe Bewegung ausführen.”

Was aber dazu gehört ist, dass die durch Gelenke verbundenen Glieder nicht nur Bewegungen, sondern auch Kräfte übertragen.

bei einer "offenen kinetischen Kette" ist ein Ende vollkommen frei beweglich, bei einer "geschlossenen" Kette wirken Kräfte auf die einzelnen Glieder so, dass sich diese nicht frei bewegen können.

Nach diesen Definitionen ist die offene kinetische Kette für den Bogensport uninteressant. Am Rande: und damit eigentlich auch als Aufwärmtraining.

Was bei diesen Betrachtungen immer vergessen wird, ist die Anwesenheit von Drehmomenten. Es macht ja keinen Sinn diese totzuschweigen, wenn man physikalischen Bewegungen/Zustände beschreiben will, wird man sich früher oder später damit beschäftigen müssen. Hier in dem Artikel werde ich nur über Kräfte sprechen, und versuchen, die kinetische geschlossene Kette zu erklären und zu beschreiben.

Hier eine Skizze die sämtliche relevanten Kräfte zeigt:

Die beiden Umrandungen zeigen eine waagerechte und eine senkrechte kin. Kette. Die Summe aller Kräfte ergibt Null, genauso wie die Summe aller Drehmomente, die hier nicht betrachtet werden. Das Gewicht des Bogens und des ausgestreckten Bogenarms wurde nicht eingezeichnet, Diese Kräfte sind gegenüber der Endhaltekraft und dem Körpergewicht sehr klein. Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass der linke Fuß der Schützin eine klitzebißchen größere Kraft aufnehmen muß.

Was für Schlußfolgerungen können aus dieser Betrachtung gezogen werden?
Bei Bewegungssportarten, bei komplizierten hochdynamischen Bewegungen mag eine Betrachtung und Diskussion in Verbindung mit professionellen Hochgeschwindigkeitsaufnahmen sehr effektiv sein, vor allen Dingen weil man dann tatsächlich auftretende Kräfte zu bestimmten Zeiten identifizieren kann. Man kann dem Sportler genaue Anweisungen geben, wie er den Bewegungsablauf starten und wie er koordinieren muß um Hochleistungen zu erreichen, und Verletzungen zu vermeiden.

Beim Bogensport treten solche schnellen, dynamischen Bewegungen nicht auf. Die Bewegungen beim Spann- und Zielvorgang sind quasi statisch, die Massen der einzelnen Kettenglieder spielen für die Beanspruchung der Gelenke und der Muskeln keine Rolle.
Sind aus der kinetischen Kette irgendwelche Trainingshinweise ablesbar, um Training effizienter durchzuführen? Gleichgewichtsübungen? Körpergefühl? Mir fällt da nichts ein...

Hinweise auf Verletzung und Abnutzung der Gelenke im Bogensport finden sich hier und hier. Es ist schon seltsam, dass in offiziellen Verlautbarungen, auch hinsichtlich des Training mit Jugendlichen und Kindern in der Richtung wenig bis nichts findet. So passiert es, dass Bogenschützen*innen, die Gelenkprobleme mit den Recurve bekamen, geraten wurde, auf Compound umzusteigen.

02. Okt. 2018 Aktualisierung Nr. 5 Bogensportmagazin, dritter Teil der "kinetischen Kette

Vorneweg: Dieser Artikel ist genauso aussagelos wie die vorhergehenden, die sich mit der kinetischen Kette beschäftigt haben. Auch hier wird er auch nicht andeutungsweise der Definition, die im sportphysikalischen Bereich Standard ist, gerecht. Er fängt schon falsch an, in dem verschwurbelt etwas über Drücken und Ziehen geschrieben wird. Nirgends ein Hinweis, welche Muskelgruppen wann und wie eingesetzt bzw aktiviert werden müssen und in welcher Reihenfolge, sprich "kinetische Kette"
Dafür aber auch hier Reklame für ein seltsames Übungsgerät "Balance Trainer". Wahrscheinlich genauso brauchbar wie dieses Dingens...

Das Härteste ist allerdings die Aussage, das jeder, der 10 0000 Stunden trainiert, zur Weltspitze im Sport, Schach und Musik kommen kann. Der Autor dieses Artikels führt das auf "gezielte" Trainingsstunden zurück. Dass es ganz andere Einflüsse gibt, die keiner ändern kann, scheint ihm entgangen zu sein. Wenn es denn stimmen sollte, dass diese Information aus einer ernsthaften wissenschaftlichen Studie stammen sollte, dürfte es sehr klar sein, dass der Autor diese gründlich falsch verstanden hat.

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