Helga Melin, die Bogentrainerin der Koblenzer Schützengesellschaft besuchte Australien und die Olympischen Spiele in Sydney. Sie hielt sich über drei Wochen in „Down Under“ auf.
Die Bilder der Olympiade in der Galerie(außer den ersten dreien) stammen von ihr. Hier nun ein Interview unserer „Sonderkorrespondentin“. Die Fragen stellte Christian Nentwig
Wie fühlst Du dich, wieder zurück in Europa? Keine Kreislaufprobleme?Ich bin froh wieder zuhause zu sein, andererseits war es eine sehr schöne Zeit
Was hat Dich in Australien am meisten beeindruckt?Die Weite des Landes, die Freundlichkeit und Offenheit der Menschen. Und bei den Olympischen Spielen die perfekte Organisation, Ich habe gelesen, es waren 47000 freiwillige Helfer beschäftigt und das wirkte sich auch positiv aus.
Wie warst Du in Sydney untergebracht? Wie groß war die deutsche Gruppe? Wie weit war es bis zu den Wettkampfstätten? Wir wohnten in einem College der University of Sydney,
der ältesten Universität von Australien. Einzelzimmer (Studentenbuden,
Studenten und Schüler hatten wegen Olympia Ferien) Frühstück
und Abendessen waren sehr gut und reichhaltig. Betten waren in Ordnung,
für 14 Leute zwei Duschen und zwei Toiletten.
Es waren mehrere deutsche Gruppen im College, insgesamt ca 100
Leute. Lage der Uni ziemlich stadtnah, zur City und zum Olympic Park ca
35min mit Bus und Zug. Viele Wettkampfstätten waren weit außerhalb,
das Shooting Center war ca 2 Std Fahrzeit entfernt.
Zum Archery Park im Olympic Park brauchte man von der Bahnstation
mit strammen Schritt ca weitere 40min. Das ganze war also auch eine private
sportliche Veranstaltung
Chelsea Clinton mit James Easton waren wohl die prominentesten, die mir bekannt waren, Wiebke Nulle und Moldenhauer, einen der Vizepräsidenten des deutschen Sportbundes habe ich auch getroffen, die wohnten bei uns im College, und Johann Graniecny, Landesreferent Bogen im RSB sollte auch erwähnt werden.
Welche Wettkämpfe hast Du besucht?Luftgewehr Damen mit Finale,Luftpistole Schützen mit Finale, Trap, und sämtliche Bogenwettkämpfe.
Erzähl mal was über die Stimmung bei den Bogenwettkämpfen Hervorragende Stimmung, alle Wettkämpfer bekamen
bei guten Schüssen Applaus. Das Publikum war sehr fair. Ich möchte
das an einem Beispiel schildern: beim Finale um die Goldmedaille Herren
Einzel, war beim letzten Schuß von Simon Fairweather (Australien)
klar, dass er die Goldmedaille gewonnen hatte. Trotzdem konnte der Amerikaner
Victor Wunderle im Ruhe seinen letzten Schuß abgeben. Da war nach
dem Treffer von Simon natürlich Riesenjubel, aber als Victor an die
Schießlinie trat, um seinen letzten Pfeil zu schießen, war
Ruhe.
Die Türkei überraschte mich durch ihre hochklassige Männermannschaft.
Die türkischen Schlachtenbummler machten gute Stimmung und hatten
eine gute Verbindung zwischen Athleten und Publikum.
Die Koreanerinnen, beim Schießen auffallend ausdruckslos,
zeigten mit ihrem Anhang auf den Tribunen nach ihrem Erfolg Emotionen.
Ihre Schlachtenbummler haben mit Tempelgongs ihre Mannschaft richtig asiatisch
passend angefeuert. Wir hatten nur Fähnchen
Ich habe viele der Guten beobachtet, aber was mir so
auffiel war, dass die auch nicht besonders anders schießen als wir.
Fast alle aus den Staaten der ehemaligen UdSSR schießen mit Nackenanker,
einige wenige mit hochgestelltem Handgelenk, z.B Natalia Valeeva. Alle
führten den eigentlichen Schuß sehr schnell aus.
Die Zwischenzeiten wurden aber sehr unterschiedlich genutzt. Natalia
Valeeva stand wie ein Rennpferd mit scharrenden Hufen an der Linie und
wartete mit halb erhobenen Bogen auf das Startsignal. So wie die Hupe ertönte,
hob sie den Bogen und schoss. Nach meiner Beobachtung war die Zeit der
Zielaufnahme extrem kurz.
Die 18-jährige Amerikanerin Karen Scavotto machte eine ganz
andere Show. Die ersten 20 Sekunden zupfte sie hier am Pulli, da am Brustschutz,
rieb sich das wohlgeformte Näschen. Dann holte sie in aller Ruhe den
Pfeil aus dem Köcher, legte ihn auf die Sehne. Jetzt blieben noch
maximal 10 s... Sie hob den Bogen und schoß. Die Zeit reichte immer.
Absetzen habe ich übrigens selten beobachtet. Sandra Sachse setzte
im 32-stel Finale einmal ab, und schoß direkt danach einen Fehler.
Dafür hatte Sandra keine Erklärung.
Soweit ich es sehen konnte, schossen alle handelsübliche Bögen, die Koreaner Samick und W&W, die italienischen Männer den Spigarelli, wenig Yamaha, der Großteil Hoyt vom Axis über den Avalon zum Elan. Die Schützen aus Georgien und Kasachstan schossen ziemlich alte Modelle. Fast alle schossen SpinWing Federn.
Hast Du was mitgebracht, was im alltäglichem Training anwendbar ist? Ja, ich hab eine Peitsche mitgebracht, um meine Schützlinge
zum schnelleren Schießen zu peitschen.
Im Ernst: außer vernünftigen und ausreichendem Training
liegt meiner Meinung nach der Schlüssel zum erfolgreichen Schießen
im entschlossenen, schnellen Endzug. Das muß natürlich intensiv
unter Aufsicht geübt werden.
Nach Australien/Sydney würde ich mit Sicherheit nochmal hinfahren. Sydney halte für eine der schönsten Städte der Welt. Olympische Spiele, das ist so eine Sache. Es wird schwer werden, diese Spiele zu übertreffen
Helga, ich danke Dir für das Interview