Bogenschiessen trainieren bei der Koblenzer Schützengesellschaft

Helga trainiert die Bogenschützen. Sie hat vor kurzem ihre Trainer B Lizenz beim Deutschen Schützenbund erhalten und kümmert sich besonders intensiv um die Jugend und um die "Lucky Beginners". Außerdem ist sie Kampfrichterin und kennt sich daher in der Szene bestens aus. Selbstverständlich spannt Helga auch selber den Bogen im Wettkampf und zum Spaß und läßt die Pfeile ins Gold fliegen. (Nicht immer, aber immer öfter). Sie kennt also so ziemlich alle Aspekte des Bogenschießens in Theorie und Praxis.

Helga Melin mit zwei Kollegen nach der erfolgreichen Teilnahme am Trainer B Lehrgang in Wiesbaden

Trainer/Innen bilden sich weiter. Hier nahm Helga (Nov 2001) die Gelegenheit war, sich von einer Weltmeisterin unterweisen zu lassen. Kim Soo- Nyung, 29 hat 1988 (Seoul) Olympisches Gold in der Einzel- und Mannschaftswertung, in 1992 Barcelona Gold in der Einzelwertung und Silber in der Mannschft, 2000 In Sydney die Bronzemedallie Einzel und in der Mannschaft wiederum Gold gewonnen. Ziemlich beständig.

Ein bisschen Promotion muss sein. Kim wurde natürlich nur Weltmeisterin, weil sie mit Samick schoss. Samick fertigt übrigens außer Sportbögen auch Musikinstrumente.


In diesem Link  werden in loser Folge Trainingsmethoden, neue Erkenntnisse  und alles was mit Training zusammenhängt, besprochen und diskutiert.Um Mißverständnisse zu vermeiden, sei darauf hingewiesen, daß diese Artikel nicht geeignet sind, im Selbststudium und Selbstversuch (kann u.U. recht schmerzhaft sein) Bogenschießen zu lernen. Das ist nur unter fachkundiger Anleitung sinnvoll. Diese Artikel sollen erfahrenen Schützen Denkanstöße geben und potentielle Anfänger anregen, mal bei der KSG vorbeizuschauen, um Bogenschießen richtig zu lernen.

Die Trainerin spricht:

Anfänger unterrichte ich nach der Teillehrmethode; das bedeutet, daß ein Element des Bogenschießens nach dem anderen vom Schüler erlernt werden muß.
Das Prinzip heißt

vom Leichten zum Schweren
     vom Einfachen zum Komplexen.


Das Endziel beim Erlernen der Schießtechnik ist ein perfekter Bewegungsablauf des kompletten Schusses.
Beginnt man beim Elernen der Schießtechnik mit dem Einüben des gesamten Bewegungsablaufs, kommt es - bedingt durch die Vielzahl der neuen unbekannten und ungewohnten Bewegungen - zu vielen Haltungs-und Bewegungsfehlern. Diese einmal „eingeübten" Fehler zu korrigieren, erfordert sowohl vom Schüler als auch vom Trainer viel Zeit und Mühe. Manchmal ist es auch gar nicht mehr möglich.

Deshalb beginnen wir mit

  heranführenden Übungen.
Der Schüler lernt richtig zu stehen, seine Körperhaltung zu kontrollieren, die korrekte Schulterposition einzunehmen usw.
Als nächstes folgen
  Übungen mit einem Gummiband oder einer Schnur
Hier kann schon der Ankerpunkt am Kinn fixiert werden, das Lösen der Sehne und das Nachhalten geübt werden.
Danach kommen
  Übungen mit dem Bogen
Hierbei wird auf richtiges Halten des Bogens, korrekte Fingerposition an der Sehne und gleichmäßiges Ausziehen der Sehne geachtet.
Endlich darf der Schüler nun dazu übergehen:
  Übungen mit Bogen und Pfeil
Der erste Schuß ist immer eine aufregende Sache. Meistens fällt es dem Schüler schwer, den Pfeil „loszulassen". Aber mit Hilfe des Trainers hat es noch jeder geschafft!
Der Schüler schießt nun seine Pfeile auf eine kurze Distanz, solange bis er die Schießtechnik „im Schlaf" beherrscht. Sobald seine Pfeile auf der kurzen Entfernung (ca.5 m) gruppieren, kann man auf eine etwas weitere Entfernung (ca.10 m) übergehen.
Bis der Schüler auf Wettkampfentfernungen (Halle 18m) sicher treffen kann, vergehen bei fleißigem Training schon einige Monate.
 
 

Helga Melin
Quellenhinweis:   Trainer B-Ausbildung „Methodik des Lehrens der Schießtechnik im Bogenschießen."

Der Klicker:Fluch oder Segen?

Wenn der Bogenschütze seine ersten Schritte gelernt hat; d.h. wenn seine Schießtechnik gut ist, die Scheibe immer im Mittelpunkt (oder doch fast immer!)
getroffen wird, kommt der Zeitpunkt den Klicker einzusetzen.
Warum sollte der Klicker überhaupt eingesetzt werden? Dient er dazu, den Schützen zu einem gleichmäßigen Auszug zu erziehen? Ist er eine Hilfe, um den Lösevorgang in Gang zu setzen?
Wenn man diese beiden Aspekte berücksichtigt, ist der Klicker eine hervorragende Hilfe, den Schußablauf zu optimieren.
Wie setzt sich ein idealer Schuß ohne Klicker zusammen?

Vorarbeit                      Zielphase                  Abfangen des Schusses                (Nachhalten)

Dabei ist die Zielphase gut ausgeprägt.

Durch die stereotype  Wiederholung des Schusses wird der Schießablauf automatisiert, d.h. das Gehirn ist in der Lage den Sehnenfingern -unabhängig davon, ob der Schußaufbau und die Zielphase abgeschlossen sind und das Visier ruhig im Ziel steht, -den Befehl zu erteilen, die Sehne zu lösen.

Vorarbeit                                      Zielphase                                                               Nachhalten

Die Zielphase wird kürzer, zum Schluß fehlt sie fast vollständig. Der Schütze sieht „Gold", schon läßt er reflexartig los. Das „Goldfieber" ist entstanden.

Was bewirkt nun der Klicker in diesem Dilemma?
Der Klicker gibt dem Schützen eine neue Bewegungsaufgabe: den Endzug.

Vorarbeit                                  Zielphase                                          Endzug                                  Nachhalten

Vorbedingung für ein sauberes Klickerschießen ist zunächst eine gute Vorarbeit.
(Optimale Haltung, kleines Kraftdreieck).
Die Vorarbeit geht bis zum Vollauszug, d.h. der Klicker steht auf der Pfeilspitze
(höchstens noch 2-3 mm), dann erfolgt der Endzug mit Lösen der Sehne. Die Sehnenhand führt die Bewegung am Hals vorbeistreifend weiter.

Wie geht man vor, um den Neuling an den Klicker zu gewöhnen?
Man läßt den Pfeil unter den Klicker legen und den Schützen mehrmals bis auf die Pfeilspitze ausziehen ( wenn möglich mit Selbstkontrolle des Schützen).
Die nächste Übungseinheit besteht darin, den Pfeil, ohne ihn abzuschießen, durch den Klicker ziehen zu lassen, bis der Schütze ein Gefühl für die Länge seiner Pfeile bekommt.
Im dritten Abschnitt geht der Schütze unter Anleitung des Trainers dazu über, die Pfeile auf kurze Entfernung in die Scheibe (noch ohne Auflage) zu schießen.
Als letztes kommt dann das Schießen mit Auflage zunächst auf kurze Entfernung, dann auf Wettkampfentfernungen.

Auch wenn der Schütze schon länger mit dem Klicker schießt, sollte er häufiger Schritt 2 ausführen, d.h. Pfeil unter dem Klicker durchziehen, weiterziehen, halten und dann erst schießen (der sog. „verlängerte Schuß").
Helga Melin.

Die Trainerin spricht (26.10.99):

Hallo, hier spricht mal wieder die Trainerin, doch diesmal nicht mit eigenen Worten, sondern ich nehme als Grundlage einen Artikel aus dem englischen Bogensport-
Magazin „The Glade" Ausgabe Nr. 85 Herbst 1999.
Geschrieben hat ihn Larry Wise, und er vertritt meine eigene Auffassung vom optimalen Bogenschießen ziemlich genau.

Grundzüge über den Kern des Bogenschießens.

Viele Veränderungen in Ausrüstung, Technik, Lehrmethoden bringen Fortschritte in jeder Sportart, so auch im Bogenschießen. Was sich nicht geändert hat, sind die grundlegenden Bestandteile eines guten Schusses, egal welchen Bogentyp man schießt. Die Stufen einer guten Form sind fast immer die gleichen. Dies muß mit wirkungsvollen Methoden geplant und gelehrt werden, wenn der Bogenschütze Erfolg haben will und lange Zeit Freude am Bogenschießen haben soll.
Wir wollen Stufe für Stufe durchgehen, wie man einen guten Schuß aufbaut und ausführt.
Ausgehend von der Wirbelsäule als dem Kern des Körpers, wollen wir versuchen
diesen wichtigen Teil unseres Körpers richtig zu beanspruchen.
Bogenschießen ist eine Anzahl exakter Bewegungen, bei der jede einzelne zu einem endgültigen Ergebnis führt. Was aber ist das Ziel im Bogenschießen:

die zeitlich angemessene Ausführung der Rückenspannung.


Aber was ist denn nun eigentlich Rückenspannung? Der Ausdruck ist in aller Munde,aber wie definiert man ihn?

Definition:

"Rückenspannung" ist die isometrische Zusammenziehung des wichtigsten Muskels der Zugseite, nämlich des Rhomboid- oder Rautenmuskels, der, unterstützt vom Schulterblattheber(Levator scapulae) , eine kleine Gleitrotation des Schulter blattes gegen die Wirbelsäule hervorruft. Gleichzeitig zieht sich der Trapez-oder Kapuzenmuskel zusammen, verriegelt die Schulter mit dem Schulterblatt und drückt sie an den Rippenbogen.


Alles andere ist Energieverschwendung oder arbeiten gegen das Ziel. Schlimmer noch, es kann Verletzungen hervorrufen, für die man später zahlt.


Ein zweiter wichtiger Begriff ist: Optimale Zuglänge
Dieser Ausdruck ersetzt den Begriff „Ankerpunkt", der im Kopf des Schützen so etwas wie: „Anhalten und Stillstand" bewirkt. Außerdem, anstatt die Aufmerksamkeit auf das, was im Rücken- und Schulterbereich passiert zu lenken, denkt der Schütze an den Zusammenhang zwischen Zughand und Kinn.
Der wahre Anker entsteht, wenn Zugschulter und Schulterblatt die Stellung einnehmen, die am besten für die Ausführung der Rückenspannung ist.
Definition:" Optimale Zuglänge ist die Strecke, die der Schütze die Sehne auszieht, in der er eine saubere Ausrichtung des Körpers einnimmt, um die beste Skeletthaltung zu erzielen, die für die Ausübung der Rückenspannung notwendig ist."
Diese Strecke hat verschiedene untergeordnete Bezugspunkte an Gesicht und Hals,
die der Schütze benutzen kann, um Beständigkeit im Erreichen des vollen Auszugs zu bekommen.
Das Wichtigste ist jedoch die korrekte Haltung von Schulter und Schulterblatt der Zugseite.
Die optimale Zuglänge ist die Voraussetzung für die Rückenspannung und sollte bei jedem Teil des Schußablaufs Vorrang haben.

Reihenfolge der wichtigsten Elemente eines guten Schusses.
 

1. Stand
2. Auszug
3. Zielen
4. Lösen


Um die Muskulatur so wenig wie möglich einsetzen zu müssen, ist es nötig den Einsatz der Knochen zu erhöhen. Nur dies ergibt die höchstmögliche Beständigkeit und Genauigkeit.

1. Der Stand
   a) Fußstellung
Jeder Schuß beginnt mit dem Stand, und jeder Stand beginnt mit der Fußstellung.
Die Füße stehen hüft- oder schulterbreit auseinander, um die nötige Stabilität zu erreichen. Stehen sie zu nah beieinander, schwankt der Körper beim Auszug hin und her, besonders bei Wind. Sind sie zu weit auseinander, spannen sich die Muskeln des unteren Rückens an und verhindern so den sauberen Gebrauch der oberen Rückenmuskeln.
Richte die Füße so aus, daß möglichst wenig Verdrehung im Oberkörper ist. Ob Parallel-, offener oder geschlossener Stand(letzterer nicht empfehlenswert, da er den Einsatz der Rückenmuskeln behindert), der Stand muß den Oberkörper während der Vorbereitung, dem Auszug und Zielen unterstützen sowie bei der Erhöhung der Rückenspannung und dem Lösen. Der Stand soll bequem sein, da dann das meiste Gewicht von den Knochen und nicht den Muskeln getragen wird.

   b) Einnocken des Pfeils
Es ist einfach: Nach Einnehmen des Standes wird ein Pfeil genockt. Dabei soll der Bogen senkrecht in Richtung auf die Zielscheibe gehalten werden. Bei jeder Ver-
drehung von Bogen oder Körper wird Energie verschwendet. Die Aufmerksamkeit soll immer auf das Ziel gerichtet sein.

   c) Haltung der Bogenhand
Nach dem Einnocken werden beide Hände für den „Rest" des Schusses plaziert.
Dies ist eine der wichtigsten Stufen des Schusses, weil der Abschuß durch die Haltung der Bogenhand stark beeinflußt wird. Wenn die Hand das Griffstück verdreht, kann keine Beständigkeit erreicht werden. Um diese Verdrehung zu vermeiden, soll man die Hand als unterstützende „Stange" benutzen, greifen ist weder nötig noch wünschenswert. Die Lebenslinie der Bogenhand dient als Trennlinie zwischen brauchbaren und unnötigen Teilen der Hand. Der Kontakt zwischen Hand und Bogengriff muß auf die Daumenseite der Lebenslinie begrenzt sein. Die Berührung mit andern Teilen der Hand dreht das Handgelenk und bringt den Unterarm in den Weg der Sehne. Verletzungen können die Folge sein.
Wenn das Handgelenk nicht nach unten gedreht ist, formen die Knöchel einen 45 Grad-
Winkel mit der Horizontalen und der Unterarm kommt nicht in den Sehnenweg.

   d) Haltung der Zughand
Die drei Zugfinger werden in Schießhaltung des Bogens (also senkrecht) um die Sehne gelegt und zwar mit dem „tiefen Haken" auf die mittleren Fingerglieder kurz hinter dem 1. Fingergelenk. Wenn die Sehne gelöst wird, schiebt sie die Hand so besser aus dem Weg, als wenn sie nur von den Fingerspitzen gehalten wird.
Das Handgelenk muß in gerader Linie zum Unterarm stehen. Ist dies nicht der Fall, kann der Unterarm nicht entspannt sein und die gerade Auszugslinie nicht erreicht werden. Hand, Unterarm und Oberarm sind nur ein Verbindungsglied zwischen der Rücken- und Schultereinheit und den Fingern, wenn die optimale Zuglänge erreicht ist.

   e) Kopfhaltung
Wenn die Körperhaltung stimmt, muß noch die korrekte Kopfhaltung eingenommen werden.Gute Haltung heißt: Schultern auf einer Höhe und nicht nach vorne gesunken.
Der Kopf wird aufrecht gehalten, Blick geradeaus. Nun wird der Kopf auf Kinnhöhe leicht (mm-weise) nach hinten bewegt, so daß er über der Wirbelsäule steht.
Diese Anordnung bringt Schultern, Schulterblatt, Kopf und Hals in die beste Position, um die Rückenspannung zu erzielen. Spannt man nun noch die schrägen Bauchmuskeln etwas an, so bringt man Stabilität in den Körper vom Kopf bis zu den Hüften.Nun mit Zug- und Bogenhand in der richtigen Haltung, dreht man den Kopf um ca. 90 Grad in Richtung Scheibe. Nur der Kopf bewegt sich.
Wenn das alles perfekt ausgeführt ist, der Körper stabil, der Blick auf das Ziel gerichtet ist, folgt der nächste Akt: der Auszug.
        Fortsetzung folgt.

Lit.:The Glade Archery Magazine Autumn 1999 Nr.85
       Larry Wise: Core Form Archery Outline.