Rechtsextremismus

Ein Schützenverein engagiert für sein Schützenfest Ordner, ausgerechnet von der NPD. Abgesehen davon, wozu Ordner bei ca 100 Gästen überhaupt notwendig sind, ist diese Tatsache einer etwas tiefergehenden Betrachtung wert. In der vorhergehenden Querdenkerei (Nov 99) habe ich dem Schützenbund jenen ungebeten Rat gegeben, sich um seine Vergangenheit zu kümmern. Es ist lustig, jetzt zu sehen, wie er von der Gegenwart (Gründung des Greifswalder Vereines im Jahre 1990) auf die Vergangenheit gestoßen wird.
Schauen wir uns die Sache (Rechtsextremismus und Schützenverein) mal etwas genauer an. Ich kenne genau die Reaktion des DSchB, wenn obige Verknüpfung angesprochen wird: Das gibt es nicht. Denn jeder Verein hat so oder ähnlich in seiner Satzung stehen: der Verein ist politisch, konfessionell und rassisch neutral. Somit kein Diskussions- und Handlungsbedarf.
Gegen diese wahrscheinliche Aussage zu obigem Skandal fahre ich jetzt meine Erfahrungen und Beobachtungen mit Schützenvereinen seit 1975.

Wenn man sich nicht geoutet hat als jemand, der schwarzen bzw schwarzbraunen Politikansichten kritisch gegenübersteht, dann dröhnen einem, wenn Bier und entsprechenden Akzeleratoren die Zungen gelockert haben, über faschistoide Sprüche, die in der Zeit der RAF-Terrors und der Asylbewerberdebatte um 1995 herum besonders schlimm waren, die Ohren. Da fand der Vorschlag von staatlichen Geiselerschießungen (Franz Josef Strauß, ja der, der auf unserem Zweimark-Stück abgebildet ist), donnernde Zustimmung. Dass Arbeitslose sowieso faul sind, und sofort, wenn sie die erste Stelle abgelehnt haben, oder nicht so spurten, wie es der gnädige Chef wollte, in Arbeitslager zusammengefasst werden müssen, ist sowieso klar. Studenten sind grundsätzlich faul. Journalisten, die die nicht wenigen Skandale der K5-Ära (Kohl-Koch-Kanther-Kiep-Korruption) aufdeckten, sind käufliche Verbrecher. Schäubles intellektuell verpackten Ansichten, dass dem Staat alles unterzuordnen ist, (das wiederum hat er bei Carl Schmitt, einem Chefideologen der NS-Zeit gut abgeschrieben) finden begeisterte Zustimmung. Asylbewerber haben bei uns nichts zu suchen, wir haben keinen Platz. Als ich ein Plakat von Terre des Hommes im Schützenhaus anhängte, das sich gegen die brutale Abschiebepraxis der Bundesrepublik richtete, zettelte ein Mitglied, dessen schwarze Überzeugung mir bekannt war, eine Intrige an,die mich fast die Freundschaft zu einem anderen Schützenbruder kostete.

Haschisch, Marihuana sind des Teufels, Rauschgiftsüchtige gehören ins Arbeitslager, aber selber säuft man bis zum Koma.

Schützenvereine kommen in die Presse, weil ein verbohrter Pfaffe den Antrag stellt, nur Mitglieder christlicher Konfession aufzunehmen. Und über die Hälfte der Mitglieder stimmt zu. Das ist der eigentliche Skandal.

Die Flagge der Konföderierten aus dem amerikanischen Bürgerkrieg ist einstimmungsvolle Tischdecke im Schützenhaus. Treuherzig wird versichert, das gehört zum Vorderladerschießen dazu. Dabei ist diese Flagge in den USA schon lange ein Symbol der US Faschisten und wird besonders gerne vom Ku Klux Klan geführt.

In einem renommierten Waffenjournal (DWJ) strotzt die Anzeigenseite von NS-Devotionalien („Reichskanzlerbüste“, Uniform der Waffen „Elite“). Diese Zeitschrift liegt in jedem zweiten Schützenverein zur Lektüre aus. Ich habe noch nie gehört, dass irgendjemand zum Boykott dieser Zeitschrift aufgerufen hat. Dass es auch ohne diesen fäkalbraunen Markt geht, beweist die Zeitschrift Visier.

In diesem Stile ist es mir möglich, seitenlang fortzufahren, das Einzige, was sich ändern würde, ist der aktuelle politische Anlass.

Was wird der Deutsche Schützenbund tun?

Er wird wahrscheinlich genau das Falsche tun, nämlich erstmal nichts und dann abstreiten, herunterspielen, das Gegenteil beteuern, solange, bis durch irgendeine seriöse Studie, von irgendjemandin Auftrag gegeben, und wenn auch nur um ein Sommerloch zu füllen, ihm diese eigene schwarzbraune Brühe ins Gesicht geschüttet wird. Vielleichtwird sogar ein/e Politiker/in sagen, dass die Vergabe von Fördermitteln auch mit politischer Hygiene zusammenhängt. Und nicht nur von Medaillen bei den Coca-Cola-Werbefestspielen.

Was sollte der Deutschen Schützenbund tun?

Als erstes muss der Schützenbund seine eigene Vergangenheit aufarbeiten. Öffentlich, vollständig, ohne Rücksicht auf tote oder noch lebende Personen. Da ist doch irgendeine Stiftung ins Leben gerufen worden, das wäre doch eine schöne Aufgabe!
Er muss sich von Personen,Vereinen und Verbänden in denen rechtsextreme Symbole, Sinnsprüche, Abzeichen und Ähnliches verwendet werden, eindeutig und öffentlich distanzieren. Das muss bis zu möglichen Sanktionen reichen. Politiker, die in rechtsextremen Zeitschriften schreiben, sind für Grußworte, Schirmherrschaften und ähnliches ungeeignet.
Bei Festansprachen stoßen die Schlagworte „Heimat-Treue-Nationalgefühl-Elite“ immer wieder sauer auf. Hier muss eine modernere Form der Selbstdarstellung gefunden werden. Vielleicht werden die Festansprachen dann wieder kürzer und knackiger.

Der DSchB hat sich sofort und ohne Wenn und Aber an Aktionen gegen den Rechtsextremismus zu beteiligen. Und dies öffentlich machen.

Zusammenfassung

Meiner Erfahrung nach gibt es in Schützenvereinen ein hohes Potenzial am rechtsextremen Gedankengut. Es verbirgt sich unter der biedermännischen Maske des braven Staatsbürgers, der erfüllt von der eigenen Wichtigkeit jedem klarmacht, das er für das vermeintlich Gute-Wahre-Schöne und Richtige ist, aber brutal nur seinen eigenen Vorteil bzw den seines Clans im Auge hat. Dazu gehört auch jenes gerüttelt Maß an Intoleranz, dass das klerikal/konservative Wertesystem anderen Denkungsweisen, Lebensformen und –planungen entgegenbringt. Der Einfluss auf junge Menschen ist enorm, da der Typ dieses Biedermannes häufig zu den Besserverdienenden gehört.
Bild aus der Frankfuerter Rundschau vom 2.11 .2000 entnommem
Der dazugehörige Brandstifter trägt Springerstiefel mit weißen Schnürsenkeln und gehört meistens zu den etwas Schlechterverdienenden. Abhängigkeiten spielen dann auch eine große Rolle. Wes Brot ich ess...

Es ist Handlungsbedarf da, Herr Präsident Ambacher!