Sehnengarn

Das supergeilste Sehnengarn von Lippmann, 23. Nov. 2015

Technisch richtige Informationen mit seltsamen Aussagen von usern und Sehnengarnanpreisern unterhaltsam gemixt. Ein bißchen Spass muß sein. Und da bin ich auf diese Website der Firma Lippmann gestoßen. Ich habe mir mal aus dieser Website die FAQ herausgezogen und werde sie auf meine Art und Weise beantworten

Frage: Welche technischen Eigenschaften sollte eine gute Bogensehne aufweisen?

Antwort:
1) möglichst geringe Dehnung bei Belastung (Creep)
Unter creep versteht man eine irreversible Längung des Werkstoffes bei Dauerlast. Dieser Ausdruck wird nur bei Kunststoffen verwendet. Creep ist nichts anderes als die "plastische" oder irreversible Dehnung.
Unter "Dehnung" versteht man immer die elastische.
Die elastische Dehnung

ε = σ/E

ist bei allen UHMW Polyethylen gleich. Sie ist eine Werkstoffeigenschaft. E ist der Elastizitätsmodul des Werkstoffes. Die Längenänderung (zum Beispiel bei einer Sehne bei Belastung) ist

Δl = l0*ε oder Δl = l0*σ/E.
Das heißt, in der Richtung wird sich Lippmanngarn nicht von anderen UHMW Polyethylenen unterscheiden. Es sein denn, man wendet Taschenspielertricks an und vergleicht Garne unterschiedlicher Dicke.
Im Übrigen spielt die elastische Dehnung beim Recurve keine Rolle: Während des Spannens wird die Dehnung sogar kleiner, beim Schuß (der Schußzeit zwischen 0 und ca 13ms) ändert sich die Spannung erst wesentlich im letzten Dritten der Schußzeit. Erst wenn der Pfeil die Sehne verlassen hat, wird im dynamischen Fall die Spannung stark erhöht. Wer sich am Schußgeräusch aufgeilen will, wird das für wichtig erachten... Beim Compoundbogen, der immer aufgespannt ist, wird das Zeitverhalten des Werkstoffes unter Belastung (creep) eine Rolle spielen. Aber auch hier sehe ich keine großen Unterschiede zu anderen UHMW Polyethylenen.

Antwort
2) möglichst geringes Eigengewicht
Wenn schon, muß es Eigenmasse heißen. Schlimm, dass so wenig physikalisches Verständnis vorliegt und soviel Potenzial, gutgläubige Kunden hinters Licht zu führen... Auch die spezifische Dichte von UHMW Polyethylen wird sich nicht von Firma zu Firma unterscheiden. Jedenfalls nicht relevant.
3) möglichst gutes Verhältnis von Reißfestigkeit zu Gewicht
Auch hier zieht der Taschenspielertrick, Garne verschiedener Dicke zu vergleichen. Die Reißlänge (Wenn ein Garn frei hängt, bei welcher Länge des Garnes würde es durch sein Eigengewicht=m*g reißen?) ist ebenfalls eine Werkstoffkonstante. Auch hier wird sich Lippmanngarn nicht von anderen UHMW Polyethylene Garnen unterscheiden

Kommentar:
Da ist nur heiße Luft. Nicht eine Antwort trifft nur für Lippmannsehnengarn zu, sondern es sind Eigenschaften aller UHMW Polyethylene Garne. Die Empfehlung der Strangzahl ist Unsinn, durch nichts, durch keinen einzigen wirklich technischen Grund überzeugend nachgewiesen. Das einzige, was zählt, jedenfalls beim Recurve ist die Sehnenmasse. Und da wird eine ordinäre Fast-Flight Sehne, wenn sie denn massegleich mit anderen Sehnengarnen und das Bogen Pfeilsystem sorgfältig abgestimmt ist, genausogut bzw sogar besser, sie ist nämlich preiswerter, abschneiden. Alles andere sind persönliche Vorlieben.

Frage: Sollte man die LBS "SUPERB" wachsen oder nicht?
Ist sowas von unwichtig... Bei ungewachsten Sehnen kommen mit der Zeit (nach zehntausenden von Schuß) einzelne Fasern aus den Strang. Das sieht nicht gut aus, ist aber tendenziell unschädlich. Innerhalb der letzten 30 Jahre habe ich von keiner UHMW Polyethylen Sehne gehört, die im Strang bzw unter der Mittenwicklung gerissen wäre. Der Rest mit "Mechanischer Reibung" und ähnlichem Dummquatsch ist geschenkt. Wodurch soll innerhalb der Sehne "Reibung" entstehen? Wenn man natürlich solche Ammenmärchen verbreitet, dass die Sehne beim Lösen "abrollt", ja dann...
"Viele Bogenschützen lehnen Wachsen ab, weil dadurch die Sehne angeblich schwerer wird und damit Geschwindigkeit verliert." Ja, die Wichtigtuer werden nicht alle... Hat jemand bei Lippmann mal ne' gewachste und 'ne ungewachste Sehne gewogen und den Einfluss (Geschwindigkeitsverlust) überschlägig abgeschätzt? Das wäre ein Argument gewesen... Aber an Hand meines innenballistischen Modells ist das problemlos für einen Techniker möglich. Nur Mut!!!!

Und da ich gerade so schön am Ablästern bin:
Für die Farbe der Sehne gibt es technisch gesehen nur zwei Möglichkeiten: entweder schwarz oder weiß. Beim Recurve dient die Sehne nämlich als ein wichtiger Teil des Visierbildes. Und da kann eine intensive Farbe nur stören. Da muß der größtmögliche Kontrastunterschied her, und der ist nur gegeben durch Reflexion keiner Farbe (schwarz) oder aller Farben (weiß). Hat schon mal jemand ein Kimmenblatt bei einer Sportpistole oder den Diopter bei einem Gewehr Pinkfarben gesehen? Nein? Und weshalb kommen da Schützen beim Bogenschießen auf die Idee ihre Sehne müßte Pinkfarben sein? Hat das schon mal ein Trainer gesagt? Bzw. weshalb werden Sehnen in diesen Farben verkauft? Aahhhh so... der Kunde möchte es.... Na dann...

Vergleich von Lippmangarn mit anderen UHMW Polyethylengarnen

Zitat eines Users in einem Forum:
... Und nicht zu unterschätzen ist die Sehne. Ich habe bei Umstellung von einer normalen Fastflight+ auf eine LBS Superb auf 70m mindestens einen halben Meter höher geschossen.

Und gerechnet sieht es so aus
Endhaltekraft= 197N
mPfeil=0,020kg
v0=65m/s
mSehne=0,0064kg (Fast Flight+)
Damit schießt unser Schütze das Kreuzchen auf 70m aus...
Nun ändert er seine Sehne auf Lippmannsches Sehnengarn LBS, um -wie behauptet- 0,5m höher zu schießen...
Wie schwer darf die Sehne denn nun sein? OK. Er braucht für diese Forderung eine Erhöhung der v0 auf 68m/s... Grad mal 5%...
Tja, ist nicht mit "Grad mal"... wenn die Masse der Sehne auf 0,003kg geändert wird, dann steigt die Anfangsgeschwindigkeit auf 66,4m/s. Also, es geht nicht, der User ist mit Sicherheit einem Meßfehler aufgesessen.

Die Grundlagen dieser kurzen Rechnung sind auf meiner Website unter Innenballistik und Außenballistik dokumentiert. Als Beispiel wurde ein moderner Hoyt Bogen eines Schützen genommen.

Zitat eines Sehnengarnlobbyisten:
Wenn ich 47 lbs auf den Fingern habe, ist der gemeldete Höhenunterschied sehr plausibel.
Ich habe weiter oben mit 197N Endhaltekraft gerechnet. Wird die eingespeicherte Energie größer, meinetwegen 210 N Endhaltekraft, wird der Einfluss der Sehnenmasse noch kleiner. Zitat des Sehnengarnlobbyisten:
Die Gründe dafür und die leistungsmäßigen Unterschiede in den DSM Dyneema HMPE Sehnengarntypen habe ich wiederholt ..... dargestellt.
Es gibt kein Kennzeichen im Sehnenmaterial, dass Unterschiede in der Wurfleistung bewirken kann, außer der Masse. Auch die Arbeitsaufnahme durch elastische Dehnung ist kein Kriterium, denn die Zugkraft in der Sehne während des Schusses bleibt im Wesentlichen gleich, die Energieaufnahme durch elastische Dehnung ist vernachlässigbar.

Hier noch eine Grafik, die seit einem Jahr auf meiner Website unter Bilder zur Technik und Biomechanik aufgeführt ist:

Schaut man sich diese Grafik an, (sie ist selbstverständlich nur ein Beispiel) dann sieht man den extrem geringen Einfluss der Sehnenmasse auf die Pfeilgeschwindigkeit, und wie lächerlich es ist, die Masse des Nockpunktes da noch als maßgebliche Größe mit einzubeziehen. Und wenn man es physikalisch richtig machen wollte, dann müßte man die Masse des Nockpunktes der Pfeilmasse zurechnen, denn sie konzentriert sich an der Stelle der Sehne, die Pfeilgeschwindigkeit erreichen wird. Das nur als Marginalie. Und genauso lächerlich ist es, Geschwindigkeitsmessungen von Bastlern mit billigen Schätzeisen als "wissenschaftliche" Arbeit auszugeben.

Der Vergleich von LBS-Garn mit dem 8125-Garn

Mit jeweils 40 Schuß wurden beide Sehnengarne unter gleichen Bedingungen einem Schußtest auf 70m unterzogen.

  LBS-Garn 8125_Garn
Strang 16 14
Mittelwicklung Brownell
Diamontback; 0,18
Brownell
Diamontback; 0,2
Sehnenmasse 5,6g 5,3g
Pfeilmasse 17,8g 17,8g
Endhaltekraft Bogen 175N 175N
Auszug Button- Nockboden
772mm 772mm

Und hier die Ergebnisse:

Die wichtigsten Daten tabellarisch zusammengefasst:

Es ist kein Unterschied feststellbar. Die Abweichungen sind statistisch begründet, nirgends gibt es einen Hinweis, dass LBS irgendwelche Vorteile gegenüber 8125 zeigt. Ich erlaube mir die Behauptung, dass bei den UHMW Garnen kein Unterschied außer der Masse zu beobachten ist, der sich auf das Treffen bzw auf die Flugbahn auswirkt.
Der Schütze hat sein System sehr sauber abgestimmt, es verträgt kleinere Schwankungen in der Dynamik klaglos. Weiter ist zu bemerken, dass der Schütze sehr gleichmäßig geschossen hat, das sieht man an der Lage und Größe der Streuellipsen.

Die Auswertung erfolgte nach dem hier beschriebenen Verfahren, das Standard bei der Bewertung von Treffbildern ist.

Der Firmenlobbyist preist weiter die Lippmanngarne an, und wird von einem user glattgebügelt, Zitat:
Mein Fazit: ich sehe schlicht und ergreifend keine nennenswerte Weiterentwicklung der aus anderen Branchen geborgten Garne, die für den Bogensport relevant ist. Nur Werbeversprechen... und von dem Fakt, dass irgendein Garn nun der aktuelle Stand der Technik ist, nun ja, das alleine bringt mir nix auf der Scheibe.
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen...

An der Stelle möchte ich den Usern danken, die mich durch Ablieferung auswertbarer Unterlagen so gut unterstützt haben. Weiterhin:

Gut Schuß!

03.Juli 2017, Eine Bemerkung zur Herstellung von Sehnen, Märchen über das Eindrehen

Es gibt ja eine ganze Menge von Anleitungen, eine Sehne zu bauen, die meisten sind brauchbar und anwendbar. Aber trotzdem werden jede Menge von alten Fabeln mit dem Eindruck, "hier spricht der Fachmann, macht das so, dann schießt ihr besser...." verbreitet. Ich habe mir ein Beispiel herausgesucht, es wird auf der Website der Berliner Boogenschützen Bergmann Borsig verbreitet, und stammt von einen Schräubchenkundler, aber dafür Trainer C, NN.

Auf den richtigen Dreh kommt es an.

Quelle:Website bb-bogenschiessen.de

Zitat:

"Sehnen werden beim Rechtshänder rechts herum eingedreht, beim Linkshänder entsprechend links herum. Und das aus gutem Grund..."

und

"Durch den Ablass der Sehne über die Fingerspitzen kommt es zu einer Reibung zwischen Mittenwicklung und Fingerschutz. Bedingt durch den Reibwert von Wickelgarn und Tableder gleitet die Sehne nicht nur, sie rollt auch zum Teil auf den Fingerspitzen ab, d.h. sofern der Schütze auch einen weichen sauberen Ablass hat."

NN., der Autor dieses unsäglichen Artikels, ist mir im Bogensport Forum konstant als Ignorant hinsichtlich Physik und Technik aufgefallen, aber dafür als strammer Lobbyist.

Auch hier hat er dummes Zeug, dass vor fünfzig Jahren mal gehandelt wurde, und schon lange widerlegt ist, als technisch brauchbare Aussage verkauft. Ihm ist nicht klar, und ihm wird auch nie klar werden, dass in der Sehne nach dem Aufspannen eine Zugkraft von ca 310N herrscht (bei mittlerer Endhaltekraft im Endauszug), die sich während des Spannens des Bogen sogar verkleinert und beim Schuß (dort erst gegen Ende der Schußzeit deutlich) kaum ändert. Diese Sehne dreht niemand und diese Sehne dreht sich auch nicht während des Lösens.

Das bedeutet, der gesamte Teil, der sich mit dem Drehen der Sehne beschäftigt, ist für die Tonne.

Von diesen Zusammenhängen ganz abgesehen...

Weiter:

Zitat:

"Eine Sehne aus 14 Strängen gibt mehr Energie an den Pfeil weiter als eine aus 20 Strängen, es heißt, die dünnere Sehne ist "schneller". Jedoch gibt sie auch Fehler des Schützen ungebremster weiter, die von Sehnen mit mehr Strängen "verschluckt" würden."

Noch so ein Bolzen, abgeschrieben, nicht verstanden aber behauptet... Die Sehne gibt keine Energie ab, sie überträgt Energie , das ist was anderes. Dabei nimmt sie kinetische Energie auf, und die wird in Wärme, Formänderungsarbeit, Geräusch usw umgewandelt. Und eine schwerere Sehne nimmt mehr kinetische Energie auf als eine leichte. Das war's dann schon... Nein, weder eine dicke (besser gesagt schwerere Sehne) noch eine dünne (sprich leichtere) hat irgendeinen Einfluß, um Schießfehler, welche auch immer zu eliminieren oder abzuschwächen. Das sind Märchen aus den Anfängen des Bogensportes, Herr NN.

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